KERNEMPFEHLUNGEN
Erreichen der im Koalitionsvertrag festgelegten Ziele: 0.7% des BNE für ODA und 0.2% des BNE für die ärmsten Länder (LDCs)
Stärkung evidenzbasierter und kosteneffektiver Entscheidungsfindung nach internationalen Vorbildern
Priorisierung und Stärkung der Vorhaben mit nachweislich herausragendem Kosten-Nutzen-Verhältnis
Der vorliegende Haushaltsentwurf 2025 der Bundesregierung steht vor der Herausforderung, in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld wichtige Zukunftsinvestitionen tätigen zu müssen und gleichzeitig die Schuldenbremse einzuhalten. In diesem Spannungsfeld drohen jedoch gerade in der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit schmerzhafte und potenziell kontraproduktive Kürzungen.
Dieses Positionspapier argumentiert, dass eine evidenzbasierte und wirkungsorientierte Ressourcennutzung in der Entwicklungszusammenarbeit nicht nur moralisch geboten ist, sondern auch im ureigenen sicherheits- und wirtschaftspolitischen Interesse Deutschlands liegt. Wir fordern die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, sich für eine Stärkung nachweislich wirksamer Entwicklungsmaßnahmen einzusetzen und gleichzeitig Effizienzpotenziale zu heben.
In Zeiten knapper Haushaltsmittel ist es wichtiger denn je, dass jeder in die Entwicklungszusammenarbeit investierte Euro die größtmögliche positive Wirkung entfaltet. Ein evidenzbasiertes und wirkungsorientiertes Vorgehen ermöglicht dabei:
1) Bestmöglich Menschenleben zu retten und Leid zu mindern, 2) Deutschlands Rolle als verlässlichen, internationalen Partner zu festigen, 3) Globale Sicherheit durch Konflikt- und Pandemieprävention zu fördern, 4) Wirtschaftliche Chancen für alle Beteiligten zu eröffnen, und 5) Das Vertrauen und die Zustimmung der deutschen Bevölkerung zu stärken.
Analyse des Haushaltsentwurfs 2025
Der aktuelle Haushaltsentwurf sieht für das BMZ Kürzungen um rund 8% gegenüber dem Vorjahr vor. Besonders besorgniserregend sind dabei folgende Punkte:
Kürzungen bei multilateralen Organisationen: Ausgerechnet bei nachweislich hocheffektiven Organisationen wie dem Welternährungsprogramm, der Impfallianz Gavi und dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria sollen Mittel gekürzt werden. Dies steht im Widerspruch zu einer wirkungsorientierten Mittelallokation und untergräbt Deutschlands Rolle als verlässlichen Partner in der globalen Zusammenarbeit.
Stagnation bei Forschung und Evaluierung: Die Mittel für entwicklungspolitische Forschung und Evaluierung bleiben weitgehend unverändert. Eine Aufstockung wäre nötig, um Wirksamkeit besser zu messen und darlegen zu können sowie evidenzbasierte Ansätze weiterzuentwickeln. Insbesondere fehlt eine Neuauflage des vielversprechenden RIE-Programms (Rigorose Wirkungsevaluierungen) des DEval in größerer Skala.
Fehlende Priorisierung kosteneffektiver Maßnahmen: Der Haushaltsentwurf lässt eine klare Priorisierung von Programmen mit nachweislich hoher Kosteneffektivität vermissen. Bewährte Ansätze wie die UPGI-Programme von BRAC zur Bekämpfung extremer Armut oder die von der WHO empfohlenen "Best Buys" im Gesundheitsbereich verdienen eine stärkere Berücksichtigung.
Unzureichende Berücksichtigung langfristiger Auswirkungen: Kürzungen in Bereichen wie Bildung oder Gesundheit mögen kurzfristig Einsparungen bringen, untergraben aber langfristige Entwicklungserfolge und können negative Auswirkungen auf Sicherheit und Fluchtbewegungen haben. Bereits 2015 wurde deutlich, dass Kürzungen beim Welternährungsprogramm ein entscheidender Auslöser für Fluchtbewegungen nach Europa waren.
Unzureichende Mittel für die Bekämpfung extremer Armut:
Auffällig ist auch, dass kaum dezidierte Mittel für die Bekämpfung extremer Armut, einem Bereich hoher gesellschaftlicher Zustimmung, bereitgestellt werden. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Quote von 0.2% des BNE zur Unterstützung der ärmsten Länder wird nicht erreicht.
Inkohärenz zwischen Debatte und Haushaltsplanung: Nachdem einzelne Infrastrukturprojekte öffentlich kritisiert wurden, erfolgen nun Kürzungen bei nachweislich wirksamen Gesundheitsinitiativen und der humanitären Hilfe. Dies ist inkohärent, untergräbt die Glaubwürdigkeit der deutschen Entwicklungspolitik und gefährdet Deutschlands internationalen Handlungsspielraum.
Empfehlungen
Basierend auf dieser Analyse empfehlen wir den Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung:
1. Erhöhung der Mittel für herausragend erfolgreiche Initiativen:
Die Beiträge für Gavi und den Globalen Fonds sollten mindestens auf dem Niveau von 2024 gehalten, idealerweise aber erhöht werden. Allein diese beiden Organisationen haben nachweislich in den letzten rund 20 Jahren etwa 83 Millionen Menschenleben gerettet. Nachweislich herausragend kosteneffektive Initiativen sollten identifiziert und strategisch priorisiert werden.
2. Stärkung der entwicklungspolitischen Forschung und Evaluierung:
Eine Aufstockung der Mittel würde es ermöglichen, die Wirksamkeit von Entwicklungsmaßnahmen besser zu erforschen, Projekte so maßgeblich effektiver zu gestalten und langfristig Kosten zu sparen. Insbesondere sollte das RIE-Programm des DEval in größerem Umfang neu aufgelegt werden. Als Orientierung können dabei internationale Vorbilder wie die norwegischen und US-amerikanischen Entwicklungsagenturen Norad und USAID dienen.
3. Einführung eines "Evidenz-Bonus":
5% der Entwicklungsmittel sollten als flexibler Fonds bereitgestellt werden, aus dem besonders evidenzbasierte und kosteneffektive Projekte zusätzliche Mittel erhalten können. Dabei sollten insbesondere Ansätze wie die UPGI-Programme von BRAC oder die WHO "Best Buys" berücksichtigt werden.
4. Fokussierung auf Schlüsselbereiche mit hoher Hebelwirkung:
Investitionen in Bereiche wie Pandemieprävention, Gesundheitsbasisversorgung und Grundbildung haben langfristig besonders positive Auswirkungen und sollten priorisiert werden. Dies dient nicht nur der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern auch der Prävention von Konflikten und Fluchtursachen.
5. Stärkung der parlamentarischen Kontrolle:
Ein jährlicher "Wirksamkeitsbericht" sollte dem Bundestag vorgelegt werden, um die Kosteneffektivität verschiedener Entwicklungsmaßnahmen offenzulegen und konkrete Vorhaben und Vorschläge zu diskutieren.
6. Strategische Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit:
In Anbetracht des globalen Systemwettbewerbs mit Akteuren wie China und Russland sollte Deutschland seine Entwicklungszusammenarbeit als strategisches Instrument zur Stärkung demokratischer Werte, einer friedlichen und sicheren Welt, nachhaltiger Entwicklung und wirtschaftlicher Zusammenarbeit nutzen.
Finanzierungsvorschläge
Um diese Empfehlungen umzusetzen, ohne den Gesamthaushalt zu belasten, sind folgende Optionen zu diskutieren:
Umschichtungen und Effizienzsteigerungen: Mittel aus weniger effektiven Projekten könnten in nachweislich wirksamere Programme umgeleitet werden. Durch verbesserte Koordination und Vermeidung von Doppelstrukturen könnten wohl 2-3% der Mittel im Einzelplan 23 eingespart werden.
Klimafinanzierung: Ein Teil der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung könnte zweckgebunden für die nachweislich wirksamsten Klimamaßnahmen in Partnerländern verwendet werden.
Abbau klimaschädlicher Subventionen: Der schrittweise Abbau klimaschädlicher Subventionen könnte Mittel für wirksame Entwicklungszusammenarbeit freisetzen. Beispielsweise könnte eine Reform der Dienstwagenbesteuerung, die derzeit jährlich mit rund 3,1 Milliarden Euro subventioniert wird, erhebliche Mittel freimachen.
Fazit
Eine evidenzbasierte und wirkungsorientierte Entwicklungszusammenarbeit ist nicht nur moralisch geboten, sondern auch ökonomisch sinnvoll und strategisch klug. Sie ermöglicht es, mit begrenzten Mitteln die größtmögliche positive Wirkung zu erzielen, Deutschlands Rolle als innovativer und verlässlicher Partner in der Welt zu stärken und einen wesentlichen Beitrag zur globalen Sicherheit und Stabilität zu leisten.
Die vorgeschlagenen Änderungen im Haushaltsentwurf 2025 würden es ermöglichen, nachweislich wirksame Entwicklungsmaßnahmen zu stärken, ohne den Gesamthaushalt zu belasten. Durch die Fokussierung auf evidenzbasierte Ansätze könnten wir nicht nur die Lebensbedingungen in Ländern mit besonders niedrigen Einkommen verbessern, sondern auch Fluchtursachen bekämpfen, die globale Sicherheit und Gesundheit stärken, dem Klimawandel effektiv entgegenwirken und neue wirtschaftliche Chancen für Deutschland eröffnen.
Kooperation Global ist eine gemeinnützige Initiative, die sich für eine evidenzbasierte und wirkungsorientierte Entwicklungszusammenarbeit einsetzt. In engem Austausch mit Wissenschaft, Politik und Praxis entwickeln wir praktikable Lösungen, um die Wirksamkeit deutscher Entwicklungsprojekte auf Basis verlässlicher Erkenntnisse zu erhöhen.
Kontakt: info@kooperationglobal.de
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